Geburtsort Dorsten

Im Internet verschwiegen und umbenannt, auch schwärmerich geschildert

Es gibt viele Gelegenheiten, bei denen nach dem Geburtsort gefragt wird: in Ämtern, in Banken und Bewerbungen, bei Anmeldungen für Schulen und Universitäten, bei Flugreisen – und in Lebensläufen. Nicht immer sind Geburtsorte offensichtlich so wichtig – manchmal scheinbar peinlich, aus welchem Grund auch immer, wenn manche ihren Geburtsort Dorsten in ihren Lebensläufen ganz oder teilweise leugnen. Darüber gibt das Internet berede Auskunft, über die man schmunzeln darf.

Wer kennt schon Dorsten?

Da schreibt ein in Düsseldorf zum Künstler avancierter Dorstener, er sei zwischen dem Ruhrgebiet und Holland geboren. Und eine weltbekannte Schriftstellerin hat mitunter früher angegeben, sie käme aus Recklinghausen. Kennt denn jemand irgendwo in der Welt Recklinghausen eher als Dorsten? Ein zur Weltklasse aufgestiegener Pianist, der jetzt in Hamburg wohnt, gibt Westfalen als seinen Geburtsort an und ein in Kanada lebender Dorstener sogar Düsseldorf. Die Chance, Düsseldorf eher zu kennen als Dorsten, dürfte ungleich höher sein als Recklinghausen. Als noch Ikea in Dorsten ansässig war, wussten sogar die Emsländer notgedrungen, wo man Dorsten findet: „bei Ikea“. Aber in der Nach-Ikea-Zeit?

Unter denen, die sich zu Dorsten als Geburtsstadt bekennen und heute in pulsierenden Städten wohnen, lassen ihre Lebensläufe etwa so beginnen: „Geboren in der verschlafenen Stadt Dorsten“, als müssten sie sich dafür entschuldigen. Fast wie um Nachsicht bittend, meint eine Malerin aus Köln, dass sie eigentlich nur zufällig in Dorsten geboren worden sei, obgleich ihre Eltern noch heute hier wohnen und immer gewohnt haben. Dann gibt es jene, die den Geburtsort in ihren Internet-Beiträgen ganz verschweigen. Sie sind einfach da – in Berlin oder Frankfurt –, als ob sie vom Himmel direkt in diese Großstädte gefallen wären und nicht den beschwerlichen Weg über den Kindergarten und die Schule von Dorsten aus genommen hätten.

„In der schönen Stadt Dorsten“

Auf der Dorstener Wikipedia-Seite wird im Internet sogar ein in Dorsten-Holsterhausen geborener polnischer Ministerpräsident genannt, der letzte bis 1939, der, würde er noch leben, diesen Eintrag korrigieren würde. Denn er erblickte in einem anderen Hosterhausen, nämlich dem bei Herne, das Licht der Welt. Doch diejenigen, die den Wikipedia-Eintrag über die Stadt Dorsten geschrieben haben, halten diesen Politiker vehement als „Sohn der Stadt Dorsten“ fest, obgleich schon mehrmals versucht wurde, ihn von der Liste zu streichen. Bislang vergebens. – Unter den noch lebenden und echten Dorstenern gibt es auch die anderen. Eine aus Dorsten stammende und hier zur Schule gegangene Schauspielerin bekennt sich in ihrem Internet-Lebenslauf offen zu Dorsten, wenn sie schwärmt, dass sie „in der schönen Stadt Dorsten“ geboren wurde.

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