Abiturientinnen 1921

Zwei Mädchen machten als erste Dorstenerinnen das Abitur

Gymnasium in Schwarzburg-Sonderhausen, wo die Dorstenerinnen 1921 das Abitur machten

W. St. – Wenn heute jedes Jahr rund hundert Dorstener Mädchen Abitur machen, studieren und akademische Berufe ergreifen können, so ist das nichts Außergewöhnliches mehr. Die Frau Doktor und Frau Professor stehen ihren „Mann“. Das war nicht immer so.
Josefa Möller, genannt „Sepperl“, und Mathilde Frank hießen die beiden Mädchen, die als erste Dorstenerinnen im Jahre 1921 Abitur machten und somit einen Meilenstein setzten. Vor ihnen und mit ihnen hatte kein anderes Dorstener Mädchen die Reifeprüfung abgelegt. Das war ein ungewöhnliches Ereignis, so dass die „Dorstener Volkszeitung“ groß darüber berichtete. Josefa und Mathilde besuchten die Ursulinenschule und mussten, weil in Dorsten keine Abiturmöglichkeit bestand, in Schwarzburg-Sonderhausen (Thüringen) die Schule weiterbesuchen, wo sie auch ihr Abitur (mit den besten Noten) ablegen konnten. Im gesamten damaligen Deutschen Reich gab es neben diesem Ort nur noch Berlin und Leipzig, wo Mädchen zum Abitur zugelassen wurden. Josepha Möller, die 1972 in Dorsten starb, studierte Pharmazie und gründete in der Alleestraße die Marienapotheke.

Mathilde Frank, geboren 1900 in Gelsenkirchen, wurde Zahnärztin. Ihr Vater war Bauunternehmer in Gelsenkirchen und zog mit seiner Familie nach Dorsten, weil es hier eine Ursulinenschule und ein Gymnasium gab, und die Tochter keine Fahrschülerin werden sollte. Nach dem Studium der Zahnmedizin in Münster heiratete Mathilde 1927 den Chemiker Dr. Hünecke, mit dem sie 1932 nach Koblenz zog und dort bis zu ihrer Pensionierung praktizierte. Sie starb 1997 in Koblenz.

Die Verbindungen nach Dorsten und zur alten Schule hielt Mathilde Frank-Hünecke aufrecht. Sie nahm regelmäßig an Klassentreffen teil. Sie erinnerte sie sich daran, dass ihre Eltern nicht nur Anerkennung bekamen, weil sie ihrer Tochter das Abitur machen ließen, sondern auch Kritik von Stammtisch-Freunden und Nachbarn, die meinten, das Studium der Tochter sei doch nur „hinausgeschmissenes Geld“. Doch das war zur Zeit ihres Studiums nicht knapp. Als der Vater ihr beim Dorstener Postamt Geld nach Münster schickte, legte er 1924 eine Billion Mark auf den Schalter. Über Nacht kam die Währungsreform. Der Postbote in Münster händigte ihr gerade noch 50 Mark aus.


Quellen: Standesämter Dorsten, Gelsenkirchen und Koblenz.

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