Telefonzellen

Bis 2025 will die Telekom jegliche Form der Telefonzelle entfernt haben

Als tragbare Telefone noch Zukunftsmusik waren, riefen die Deutschen von unterwegs aus Telefonzellen an. Die erste stand 1881 am Potsdamer Platz in Berlin. In den vergangenen Jahren haben sie bereits deutlich an Bedeutung verloren. Ende des Monats stellt die Telekom den Betrieb nun endgültig ein. Ein letzter Einwurf. Die letzten noch im Stadtbild verbliebenen echten Telefonzellen werden häufig Opfer von Vandalismus. Bis zum Jahr 2025 will die Telekom jegliche Form der Telefonzelle in der Bundesrepublik entfernt haben. Das Telekommunikationsgesetz verpflichtete die Telekom, öffentliche Telefone zu betreiben, seit 2021 ist der Passus im Gesetz gestrichen. „Durch die geringe Nutzung tragen die öffentlichen Telefone nicht mehr zu einer Grundversorgung der Bevölkerung bei“, so der Konzern. Laut Telekom verbraucht jedes öffentliche Telefon zwischen 500 und 1250 Kilowattstunden Strom pro Jahr – durch ihre Abschaltung ließen sich also insgesamt zwischen sechs und 15 Millionen Kilowattstunden einsparen.
 Beginn: 1881 wird am Potsdamer Platz in Berlin der erste „Fernsprechkiosk“ aufgestellt. Ein Münztelefon gehört noch nicht dazu: Wer ihn nutzen wollte, musste ein „Telephon-Billet“ kaufen und erwarb damit das Recht, eine gewisse Zeit zu telefonieren.
Der Vorläufer: Der Berliner Fernsprechkiosk war die erste Telefonzelle weltweit. Stellenweise ist davon die Rede, dass in New Haven im US-Bundesstaat Connecticut bereits am 28. Januar 1878 die erste aufgestellt wurde. Es handelte sich dabei aber um einen anderen Meilenstein der Kommunikation: die erste kommerzielle Verbindung eines Telefongesprächs aus einem Ladenlokal heraus. 21 Teilnehmer waren miteinander vernetzt.
Die Farben: Von 1932 an sollten alle Telefonzellen einheitlich angestrichen sein, die Farben änderten sich mehrfach: Zunächst waren Blau und Gelb, ab 1934 war Rot, ab 1946 Gelb vorgesehen. Die Farbe hielt sich in der Bundesrepublik und der DDR gleichermaßen. Erst nach der Vereinigung und der Zerschlagung und Privatisierung der Post bekamen neue Zellen die Telekom-Farben grau und magenta.
Der Alltag: In der DDR wuchs die Zahl privater Telefonanschlüsse weit langsamer als in der Bundesrepublik. Telefonzellen blieben in der DDR bis 1989 alltägliche, unverzichtbare Kommunikationsorte, da nur 10 Prozent der Ostdeutschen ein eigenes Telefon besaßen.
Der Wandel: Nach 1990 stieg die Zahl der Festnetzanschlüsse auch im Osten stark an. 1998 besaßen 97 Prozent aller Bundesbürger ein Festnetztelefon. Danach sank die Zahl der Hausanschlüsse und die Zahl der Mobiltelefone explodierte: 1998 hatten nur 11 Prozent der Haushalte mindestens ein Handy, 2008 waren es schon 86 Prozent. 2016 durchbricht die Zahl der aktiven Handyverträge in Deutschland die 100-Millionen-Marke und stagniert seitdem.
Die Münzen: 1889 ließ die US-Firma Pratt & Whitney das erste Münztelefon patentieren. Die öffentlichen Fernsprecher traten ihren Siegeszug an.
Das Telegramm: Nicht nur von der Telefonzelle müssen sich die Deutschen verabschieden. Zum Jahreswechsel 2022723 stellte die Post den Telegrammdienst endgültig ein. Und auch im Mobilfunk verschwindet etwas: Vodafone stellt nach 21 Jahren als erster Anbieter den Multimedia Messaging Service (MMS) ein. Kaum jemand nutze im Zeitalter von Whatsapp, Signal und Co. den kostenpflichtigen Dienst noch.
Ende: Die letzten noch im Stadtbild verbliebenen echten Telefonzellen werden häufig Opfer von Vandalismus. Bis zum Jahr 2025 will die Telekom jegliche Form der Telefonzelle in der Bundesrepublik entfernt haben.

Auch das noch:
„Foodsharing“ – Lebensmittel aus gelber Telefonzelle für jedermann

Nicht mehr angeschlossene, also leere Telefonzellen, werden in der Regel abgebaut. In der Stadt Coburg (Bayern) benutzen die Coburger eine solche leere Telefonzelle als „Foodsharing-Telefonzelle“. Damit will Coburg der Verschwendung von Lebensmitteln entgegenwirken. Aus dem gelben ehemaligen Fernsprecher-Häuschen könne jeder vor dem Wegwerfen gerettetes Essen herausnehmen, sagte ein Sprecher der Stadt Coburg. Beim „Foodsharing“ („Essen teilen“) werden genießbare Lebensmittel, die ansonsten im Müll gelandet wären, an Menschen verteilt, die sie gebrauchen können. Eine Ausgabestelle ist die gelbe Telefonzelle vor dem Stadtbüro der Diakonie Coburg. Rund um die Uhr kann man von dort Lebensmittel mitnehmen. Überwiegend seien es Backwaren, heißt es von der Diakonie (dpa).

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