Tabakfabriken

Im 19. Jahrhundert stellten noch vier Handwerker Landtabak her

Tabakverarbeitung zur Zigarettenherstellung noch per Hand

Tabakverarbeitung zur Zigarettenherstellung noch per Hand

Schon um die Mitte des 18. Jahrhunderts gab es in Dorsten drei Tabakfabriken. Das geht aus Ratsprotokollen hervor, weil jenen drei Tabakfabrikanten eine Steuer auferlegt werden sollte und es deshalb zu einer öffentlichen „Revolte“ kam (siehe Tabaksteuer 1755). Im Jahre 1816 nennt die Gewerbestatistik für das Kirchspiel Dorsten drei Tabakfabriken mit insgesamt sieben Arbeitern, darunter die Firmen von Xaver Rensing und J. Cremer (gegründet vor 1800, aufgelöst zwischen 1843 und 1867), von Wilhelm Timmermann (gegründet vor 1800, aufgelöst zwischen 1843 und 1867), ferner 39 Tabakspinner, die Landtabak in kleinen Mengen verarbeiteten. Bis 1819 erhöhte sich die Zahl der Tabakspinnereien auf sechs mit 19 Beschäftigten. Der verarbeitete Rohtabak wurde teils vom Niederrhein und aus Holland bezogen, teils in der hiesigen Gegend angebaut. Anscheinend ging die Tabakfabrikation in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts ein, denn 1843 wurden lediglich vier Tabakspinnereien erwähnt, 1867 waren es noch drei; diese drei beschäftigten insgesamt nur eine Hilfskraft. Wahrscheinlich mangelte es der Tabakindustrie an Rohstoffen, weil der Tabakanbau zu Gunsten anderer Produkte zurückging.

„Den Tabak kann ich nicht rauchen!“

Dass Tabak auch zum eigenen Gebrauch selbst gezogen wurde, dokumentiert eine Anekdote über den Besuch des Oberpräsidenten von Westfalen, von Vincke, beim Hervester Pfarrer Bernhard Grothues (amtiert 1812 bis 1854) im Pfarrhof. Beim abendlichen Gespräch vor dem gemütlichen Herdfeuer sagte der Pfarrer, der selbst den Pfarrhof als Gut bewirtschaftete, dass ein guter Landwirt mit Ausnahme einiger Gewürze alles selbst ziehen müsse, so auch seinen Tabak. Dies interessierte den Oberpräsidenten, denn er war Pfeifenraucher. Der Pfarrer bot ihm eine Pfeife seines selbstgezogenen Tabaks an. Nach einigen Zügen klopfte der Oberpräsident die Pfeife mit den Worten aus: „Den Tabak kann ich nicht rauchen!“ Daraufhin rauchte er wieder seinen eigenen. Als auch Grothues seine Pfeife ausgeraucht hatte, reichte ihm der Oberpräsident seinen Tabakbeutel mit den Worten, er möge sich bedienen. Grothues stopfte seine Pfeife. Legte vom Herdfeuer eine Kohle darauf, machte einige kräftige Züge und klopfte danach die Pfeife wieder aus. Dabei sagte missmutig den Kopf schüttelnd zum Oberpräsidenten: „Den Tabak kann ich nicht rauchen!“ (nach Joseph Vissing, HK 1925).


Quelle:
Bernhard Kuhlmann „Geschichte der Stadt Dorsten von Beginn der Zeitenwende“, Dorsten 1975.

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